Erfindergeist für „Tischkultur“
Ein Spielgerät mit weltweitem Kultstatus: Der Tischkicker. Wie kommt man darauf, sich so etwas auszudenken? Wir schauen uns mal die mutmaßlichen Erfinder an, dringen sozusagen bis in ihr Wohnzimmer vor und machen vor allem eines: Wir blasen das Teil auf! Wir pusten ihm Leben ein, nennen es Human Soccer und bieten es Jugendhilfeeinrichtungen oder Wohlfahrtsverbänden an. Ganz im Sinne von Harold, Lucien und Alejandro?
England. Samstag, 2. Oktober 1920. Achter Spieltag der Premier League, Tottenham gegen Manchester United. Wenn es da geregnet hat und Harold Searles Thornton im Publikum saß, patschnass bis auf die Unterhose, könnte das die Initialzündung für seine Erfindung gewesen sein, die er 1921 präsentiert hat: den Tischkicker. Vielleicht saß er am 3. Oktober 1920 hustend, schniefend und schimpfend in seiner Werkstatt und dachte sich: „Bei dem Sauwetter – nie wieder!“ Überliefert ist jedenfalls, dass der passionierte Tottenham-Hotspur-Fan ein Spiel entwickeln wollte, das man auch bei schlechtem Wetter und auf kleinem Raum spielen kann. Andere Quellen geben an, dass er auf die konkrete Idee kam, als er mit einer Streichholzschachtel spielte und die Streichhölzer als Spielerfiguren nutzte (Quelle: pingpongbros.com).
Englischer Prototyp 1921
Sein Prototyp bestand aus einem rechteckigen Tisch mit Holzstangen, an denen Figuren befestigt waren. Und die konnten die Spieler:innen durch das Drehen und Bewegen der Stangen bewegen, um den Mini-Ball ins gegnerische Tor zu schießen. Kommt uns bekannt vor?
Die Idee verbreitete sich in England, doch der kommerzielle Erfolg kam erst später. Immerhin, Thornton meldete ein Patent dafür an!
Populäres französisches Modell in den 1930er Jahren
Frankreich. Ende Januar 1932 im Wohnzimmer der Rosengarts. Das Feuer im Kamin knistert, aber den Enkelkindern von Lucien Rosengart ist es nicht nach gemütlichem Rumsitzen. Sie wollen – wie würden wir es heute nennen? – Action! So könnte es gewesen sein, als Lucien beschloss – und das ist hier überliefert – eine Beschäftigungstool zu entwickeln, mit dem sie in den kalten Wintermonaten im Haus spielen konnten (Quellen: foossballzone.com, gametablereview.com).
Rosengart, Ingenieur und Erfinder, arbeitete in der Automobilindustrie und war dort mit seinen Innovationen durchaus erfolgreich. In seiner Freizeit spielte er gerne mit seiner Familie – diese Kombination brachte es dann offensichtlich! Sein robuster Prototyp des Tischkickers war unserem heutigen Modell ziemlich ähnlich. Es erlaubte schon ein flüssiges Spiel. Er nannte es „Baby-foot“, ein Begriff, der in Frankreich heute noch verwendet wird. Durch seine Geschäftskontakte und die Verbindung zur Autoindustrie wurde Baby-foot auch in anderen europäischen Ländern schnell populär und konnte wesentlich erfolgreicher vermarktet werden als die Thornton-Variante in England.
Viele Väter – à la Glühbirne?
Ob das englische Patent in irgendeiner Form in Frankreich auftauchte und dann inspirierte oder ob Rosengart das Spiel unabhängig von Thornton erfunden hat, lässt sich nicht mehr klären. Es könnte ja – fernab von digitalen Netzwerken – auch so gewesen sein wie bei der Glühbirne: Thomas Edinson und Joseph Swan erfanden sie wohl unabhängig voneinander, zu verschieden Zeiten an unterschiedlichen Orten.
Die Erfinderstory des Tischkickers geht übrigens auch noch weiter. Alejandro Finisterre soll in Spanien eine eigene Version während des Spanischen Bürgerkriegs erfunden haben, um verwundeten Kindern im Hospital eine Beschäftigung zu bieten. Ihn inspirierte eine Tischtennisplatte. – Wir halten fest: Schlechtes Wetter und Langeweile können sicherlich viel Blödsinn, aber auch wirklich tolle Ideen hervorbringen!
Der Retro-Spiel-Kult hält an
Auf alle Fälle ist das handliche Fußballspiel zuerst in Frankreich, Deutschland und Spanien und dann weltweit zum Symbol für Freizeitvergnügen und Wettbewerbsgeist geworden. In den 1960iger Jahren erlebte der Tischkicker einen regelrechten Boom. Er hielt Einzug in Bars, Jugendzentren und Schulen. In dem 1970er und 80er Jahren wollte kaum eine Kneipe oder Freizeiteinrichtung mehr ohne ihn. Es entwickelte sich sogar eine Art Subkultur. Als in den 1980 und 90er Jahren die Videospiele aufkamen, rutschte er etwas in die Nischen der Sportbars und Studi-Buden. Und dann: Die Renaissance in den 2000ernd, wo er bis heute den Retro-Trend als Symbol für analoge Spiele in der digitalen Welt befeuert.
Vielleicht seid ihr schon mal über eine der vielen Stellenanzeigen gestolpert, in der der Gaming-Room mit Tischkicker bei den Extras noch vor dem frischen Obst rankt? Moderne Kickertische werden zur High-End-Version und spielen auch in der Sportwelt mit Turnieren und Ligen eine internationale Rolle.
Wir blasen auf: Zum Human Soccer
Behalten wir also die Erfolgsfaktoren bei:
- Es ist einfach
- Es kombiniert Spielfreude mit Geschicklichkeit und Taktik
- Es bietet einen anfeuernden Wettbewerb
- Es ist sozial und stärkt Teamgeist und Interaktionen
- Es stillt die Sehnsucht nach Analogem, Haptischen und Bewegung
- Es braucht Übung und Geschick, um wirklich gut zu werden
- Es ist für verschiedene Altersklassen geeignet
Jetzt vergrößern wir das Spiel und ersetzen die kleinen bunten Spieler durch echte Menschen. Juhu, es lebt und schiebt und ballert! Fertig ist der „Lebend-Kicker“, der „Human Kicker“ oder, wie wir das Spiel bei Freiraum nennen, der „Human Soccer“. Und der geht so:
- 12.6 m lange und 5.6 m breite Spielfeld des Menschenkickers ist aufblasbar. Die seitlichen Begrenzungen sorgen dafür, dass der Ball im Spiel bleibt.
- An den vorgesehenen Punkten werden sechs Stangen eingeschoben, an denen sich die Spieler:innnen festhalten. Möglich ist auch die Variante, bei der die Stangen von außen bedient werden und die „Spielfiguren“ von dort „verschoben“ werden.
- Es spielen zwei Teams mit jeweils bis zu 12 Personen.
- Die Spieler:innen sind am erfolgreichsten, wenn sie strategisch zusammenarbeiten, kommunizieren und sich so synchronisieren – eigentlich genau wie beim klassischen Kicker, nur mit Ganzkörper-Moves.
Weitere Variante: Wenn man die Stangen einfach weglässt, hat man ruckzuck ein mobiles Fußballfeld. Und das alles natürlich im Freiraum-Sozialsponsoring-Modell, damit das XXL-Spielgerät kostenfrei für euch ist.
Was macht den Reiz des Human Soccer aus?
Die Spieler:innen sind Teil des Spiels! Sie agieren als Team und stehen gemeinsam im Wettkampf. Der Reiz liegt vor allem in der Interaktivität und in der eingeschränkten Bewegungsfreiheit, denn die ist nur mit Humor zu nehmen. Und sorgt auch bei den Zuschauern für absolute Unterhaltung!
Und jetzt wird gefeiert!
Ein Fest steht an? Dann schiebt den Kofferanhänger, indem der Human Soccer geliefert wird, einfach an Ort und Stelle, packt das Spielfeld auf den Transportwagen, legt es auf dem vorhandenen Untergrund aus und werft das ebenfalls mitgelieferte Gebläse an. Ihr könnt sicher sein, dass nicht nur die Jugend, sondern auch Erwachsene Spaß an der moderaten Bewegung und vor allem an dem sozialen Miteinander haben. Und das funktioniert völlig analog und profitiert absolut vom Kultstatus des guten alten Tischkickers.
Ach übrigens, Tottenham hat am 2.10.1920 4:1 gewonnen!